
Nur die Wurzeln stehen noch – der Rest des zwei Meter hohen Busches in der Segnitzstraße direkt neben der Haltestelle vor der Lukaskirche ist der unsensiblen Schere bzw. dem Werbewunsch der Stadtwerke zum Opfer gefallen. Auslöser ist ein Anruf der Stadtwerke bei der zuständigen evangelischen Kirche, man möge die Sicht auf die Haltestelle durch einen Rückschnitt des Busches erhöhen, da der Hersteller der Wartehäuschen für die Refinanzierung auf Werbetafeln setzt. „Ein Schildbürgerstreich, wie er im Buche steht“, beschwert sich Dr. Georg Lippert, da genau dieses Bushäuschen von den Stadtwerken stillgelegt wurde und seine Verlegung weg von dieser Stelle nur noch eine Frage der Zeit ist. Der Busch – ein Kirschlorbeer stattlichen Ausmaßes – wurde seinerzeit von Else Glöckle gestiftet und anschließend gepflegt. „Noch mit 90 Jahren sah man die alte Dame fast täglich mit einer Gießkanne bewaffnet die Segnitzstraße entlang laufen, um das Überleben des Busches durch Gießen zu sichern“, führt Lippert aus.
Auf wenig Verständnis trifft dieses Vorgehen auch bei Stadträtin Ulrike Schneider, die sich nicht nur an der Unsinnigkeit, sondern auch an der Widerrechtlichkeit dieses Vorgangs stört. Es sei verboten, Hecken, Bäume oder Büsche in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September zu schneiden oder gar zu fällen. Ausnahmen vom grundsätzlichen Fällverbot würden nur gemacht, wenn die Verkehrssicherheit eines Baumes gefährdet ist oder behördlich genehmigte Baumaßnahmen dies erfordern. Keiner der Gründe liegt hier vor.
„Für die Werbewirksamkeit einer stillgelegten Haltestelle, deren Verlegung samt Bushäuschen von den Stadtwerken schon beschlossene Sache ist, sollte kein Busch gefällt werden“, kommentiert Schneider den Vorgang. Ihre Hoffnung, die sie mit einem Lächeln äußert: Die Stadtwerke hätten angesichts des gut laufenden Bürgerbegehrens bereits kapituliert und die Wiederinbetriebnahme alter Haltestellen und Linienführungen im Visier: dann und nur dann mache der brachial geschaffene Blick auf die Werbung überhaupt einen Sinn.
