
Der Bürgerentscheid „Natur statt Beton“ steht kurz vor der Abstimmung. Da Bürgerentscheid und Wahlen an ein und demselben Tag (8. Oktober) stattfinden, ist es der Bürgerinitiative ein Anliegen, die Haltung der Kandidaten zum Thema Flächenfraß in Bayern in Erfahrung zu bringen. „Wenn pro Tag allein in Bayern mehr als 10 ha Fläche verbraucht werden, obwohl seit Jahren versprochen wird, diesen Verbrauch mindestens zu halbieren, dann haben wir, die Natur, und die Tierwelt ein großes Problem!“, so Ulrike Schneider, Kathrin May und Anette Klotzek für die BI Natur statt Beton. „In diesem Zusammenhang ist es uns wichtig, die Haltung der einzelnen Kandidaten in Erfahrung zu bringen, unabhängig davon, für welche politische Ebene sie kandidieren.“
Der Fragenkatalog besteht aus drei Fragen, die sich zum einen mit der persönlichen Einstellung zum extrem hohen Flächenverbrauch in Bayern befassen und zum anderen mit konkreten Problemstellungen in Schweinfurt als dem Oberzentrum des Wahlkreises: das geplante Einkaufszentrum in Oberndorf und die geplante Flächenversiegelung am Gottesberg.
Während sich die AfD wie gewohnt jeder Antwort entzieht, sind es die CSU Kandidaten, die durch oberflächliche, ausweichende und uninformierte Antworten auffallen. „Wenn sich die Landtagskandidatin Martina Gießübel noch nicht kundig gemacht hat und sich der Bezirkstagskandidat Stefan Funk mit dem Hinweis auf die anders gelagerten Aufgaben im Bezirk gleich ganz vor einer Beantwortung drückt, so ist dies sehr bedenklich“, so BI-Initiatorin Anette Klotzek. Wobei die BI daran erinnert, dass Stefan Funk als Fraktionsvorsitzender der CSU im Schweinfurter Stadtrat bislang ohne Bedenken pro Flächenversieglung abgestimmt hat. Er habe sowohl für das überdimensionierte Einkaufszentrum in Oberndorf als auch für die Versiegelung des Gottesbergs gestimmt und nehme für seine Fraktion meist eine wenig umweltfreundliche Haltung ein.
Positiv hingegen das Votum aller anderen Parteien, sie wollen die Flächenversiegelung eindämmen. Eine klare Aussage kommt von der Bayernpartei, deren Kandidat Thorsten Götz weder die Flächenversiegelung am Gottesberg noch die in Oberndorf gutheißt: „Wir brauchen nicht weitere 20 Meter Regal mit 100 verschiedenen Cornflakes-Sorten, sondern Natur!“ so sein Votum. Gleiches gilt für die ÖDP, die sich auch auf Landesebene gegen den Flächenfraß stark macht. „Wir müssen den Flächenfraß eindämmen“, kritisiert Kandidat Roland Probst das Ausweisen immer neuer Gewerbegebiete und nennt als Beispiel gleich mal seine eigene Gemeinde Euerbach: „Die Tankstelle und den Supermarkt hätte man nicht gebraucht.“ Um die fehlenden Einnahmen zu kompensieren, schlägt er vor, dass die Hälfte aller Gewerbesteuern nach Einwohnern gestaffelt bayernweit unter allen Kommunen verteilt wird. So bekäme jeder etwas ab, und der Anreiz für neue Gewerbegebiet wäre gemindert.
Auch der Landtagskandidat von Bündnis 90/Die Grünen, MdL Paul Knoblach, positioniert sich klar und deutlich gegen die Flächenversiegelung und damit gegen das Oberndorfer Einkaufszentrum und gegen die Bebauung des Gottesbergs: „Wir müssen diesen ungezügelten Flächenfraß stoppen, überall in Bayern und auch bei uns in Unterfranken und im Schweinfurter Raum.“ Ein Votum, das auch von der Bezirkstagskandidatin Birgit Schmitt geteilt wird und hoffen lässt, dass beide ihren Einfluss geltend machen und die Fraktion der Grünen im Schweinfurter Stadtrat zum Einlenken bewegen. Die hatte nämlich anfangs grünes Licht für das Oberndorfer Einkaufszentrum gegeben, was sie zwischenzeitlich revidiert hat, hält aber nach wie vor an der Bebauung des Gottesberg-Areals fest.
Die SPD mit Landtagskandidat Stefan Rottmann und Bezirkstagskandidat Florian Töpper argumentiert in ihrer Antwort mit dem Thema Innenentwicklung als Schwerpunkt der politischen Arbeit. Die Aktivierung von Leerständen, die Verdichtung von Wohnbebauung – mit dem Innenentwicklungskonzept schaffe man Anreize, um alte Bausubstanz zu erhalten, weniger Baugebiete auszuweisen und so den Flächenverbrauch einzubremsen. Was Oberndorf anbelangt, so begrüßen beide den Bürgerentscheid, der das Heft des Handelns an dieser Stelle an die Bürger abgibt – ein salomonisches Statement, um der städtischen Politik nicht auf die Füße zu treten.
Selbst die FDP, die bislang durch Stadtrat Georg Wiederer eher durch Anträge zur Ausweisung weiterer Gewerbegebiete aufgefallen ist, lässt den geplanten Vorhaben in der Stadt sowohl durch den Landtagskandidaten Axel Schöll als auch durch den Bezirkstagskandidaten Jochen Kunkel eine klare Absage erteilen. Und das bayernweite Ziel laut Schöll: „Ich werde mich dafür einsetzen, dass der angepeilte Wert von 5 ha eingehalten oder am besten noch weiter verringert wird durch Umnutzung von
bestehenden Flächen und Leerständen, ohne dass neue Flächen versiegelt werden müssen.“, so Schöll, der als Vorsitzender des Schweinfurter Einzelhandels bei der Causa Oberndorf gleichzeitig auch viel zu viel Verkaufsfläche auf SW zukommen sieht.
Ein geteiltes Bild geben die FW ab. Während Landtagskandidat Edwin Husslein keine Antworten liefert, positioniert sich Bezirkstagskandidat Stefan Labus sowohl gegen die Versiegelung des Oberndorfer Ackers als auch gegen die Bebauung der grünen Lunge am Gottesberg. Für letztere findet er deutliche Worte in Richtung Stadt: „Es ist Wahnsinn, was für eine Fehlentscheidung der OB mit CSU und den Grünen im Stadtrat wieder getroffen hat !“
Insgesamt ist diese breite Ablehnung flächenfressender Projekte ein sehr erfreuliches Votum, findet die Bürgerinitiative Natur statt Beton. „Jetzt ist es an den Wählerinnen und Wählern, das Thema Nachhaltigkeit zu einem wesentlichen Maßstab ihres Abstimmverhaltens zu machen“, so ihr Auftrag an die Bürger.
